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Die Aufgabe des Künstlers ist es, Ruhe und Unruhe so zu mischen, dass nicht erstarrte Unruhe entsteht, sondern jene gespannte Ruhe, die zum Ausdruck des Lebens wird.
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Buchbesprechung

Dilettanten im Design

Rudolf Paulus Gorbach
15. Dezember 2012
Die Ausgabe 3 von Neuwerk, einer Zeit­schrift für Desi­gntheorie, erschien zum Thema Design + Dilettant = Dilemma. Zunächst muss natürlich der Begriff des Dilet­tanten (mehrfach) geklärt werden. Und sofort fällt auf, wie falsch der Begriff gemeinhin verwendet wird. Dilettant wird oft mit Murks gleich­gesetzt. Und Murks gibt es in der Branche häufig.

Das klingt zunächst sehr inter­essant, wobei der Versuch, der Zeit­schrift einen dilet­tan­tischen Auftritt zu geben, eher als Gescheitert gesehen werden kann (Titelseite hinten statt vorn, gelbe Headlines). Mara Recklies reha­biliert in einem Beitrag den Dilet­tan­tismus im Design und stellt den Dilettant dem Experten gegenüber. Der Experte spezi­a­lisiert sich auf ein Spezi­al­wissen und Können, der Dilettant beschäftigt sich mit großer Hingabe an ein Thema, jedenfalls so im 19. Jahr­hundert. Heute hat sich der Gebrauch des Begriffs etwas geändert. Der Designer lässt sich wohl kaum durch Geni­alität und wahre künst­le­rische Begabung vom Dilettant trennen. Ein Rest von Dilet­tan­tismus ist bei Designern vorhanden, da das Studium nur eine Hinführung zu den Themen erlaubt, Experte auf allen Fach­ge­bieten zu sein ist kaum möglich.

Julia Meer betont in. Ihrem Beitrag den Wert des Dilet­tan­tismus für die moderne Typo­grafie. Zum Beispiel waren die Pioniere der modernen Typo­grafie keine Experten, sondern eher Dilet­tanten, nimmt man Jan Tschicold davon aus. Moholy-Nagy, Schwitters, Renner, Doesburg, El Lissitzki oder Bayer kamen alle aus anderen Berufen. Die Fachwelt reagierte natürlich mit Unmut, dass ihnen die Revo­lution von außen aufge­drängt wurde. Die Buch­drucker und Schrift­setzer waren viel stärker von der englischen Reform­be­wegung beein­flusst.

Achtenswerte Dilet­tanten im Grafik­design untersucht Philie Delekta. im Prinzip unter­scheidet sie zwischen Hobby­gra­fikern mit meist monotonem Nach­ah­mungstrieb und den profes­si­o­nellen Grafik­de­signern. Sie übernimmt den Ausdruck U- und E-Grafik. Allerdings besteht im Unter­schied zum E-Designer beim U-Designer eine naive Offenheit, die bei Profis manchmal verschüttet wurde. Am Schluß beschreibt Delekta den druchaus dilet­tan­tischen Werdegang von Carson, der sogar die gesamte Grafikwelt stark beein­flusst hatte, wenn auch nicht im Sinne einer Lesbarkeit sondern eher im Gegenteil dazu.

Sensa­ti­o­nelles kommt also in diesem Buch nicht heraus, auch wenn es zu diesem Thema auf Giebi­chenstein zu einem intensiven Austausch kam.

Design + Dilettant = Dilemma?
Zeit­schrift für Desi­gnwis­sen­schaft
Heft 3, 2012
Form + Zweck, Berlin 2012
www.form­undzweck.de
ISBN 878–3–935053–72–3
10 Euro

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