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Bezie­hungen zu schaffen, ist das Ziel aller Typo­graphie.
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Buchbesprechung

Das neue »Grafikmagazin«

Rudolf Paulus Gorbach
1. März 2021
Zeit­schriften für Grafik­design sind rar. Entsprechend groß war die Empörung, als die alte »novum« ihr Ende verkündete. Nun kennt man das auch aus der Buch­branche, wenn ein Verlag verkauft wird und die neuen Besitzer kein Interesse am Inhalt oder am Objekt / Organ haben. Das ist dann fast immer das Ende des Programms. Manchmal klappt es aber doch und es entsteht etwas Schönes Neues, wie es beim Triest Verlag erfolgreich geschehen ist.

Und jetzt ist ein von der alten perso­nellen Besetzung der »novum« heraus­ge­gebenes Fach­magazin mit seinem ersten Heft erschienen, das »Grafik­magazin«. 

Im sympa­thisch relativ kleinen Format 210 × 270 mm, gedruckt auf angenehm mattem Papier, präsentiert die neue (alte) Chef­re­dak­teurin Christine Moosmann das Heft 01. Man darf anmerken, dass die »novum« inhaltlich und gestal­terisch eine gute Zeit hatte und das Positive hier offen­sichtlich fort­gesetzt werden kann.

Vertraute Kolum­nisten wie Andreas Koop oder Sylvia Lerch finden sich wieder und natürlich werden Gestaltung, Produktion und Papier des Umschlags wieder genau beschrieben. Bei der ersten Ausgabe stammt es von Dafi Kühne. Und hier stellt sich die Frage, wo Grafik­design aufhört und Kunst anfängt. Viel­leicht eine unter­schätzte Frage.

Gesetzt ist das Magazin in einer schönen und gut lesbaren Seri­fen­schrift, der Arizona Text und der seri­fenlosen ABC Favorit. Verschiedene Spal­ten­breiten werden verwendet und die Über­schriften wirken klassisch (20. Jahr­hundert), wenn auch mit eher zu großen Zeile­n­ab­ständen.

Das Layout der Seiten ist sicher nicht einfach, da das Format dann eben doch etwas gedrängt wirkt (aber ich verzichte sehr gerne auf große »Ange­ber­formate«). Es gibt sehr schöne typo­gra­fische Zwischen­seiten.

Und nun zum Eigent­lichem, dem Inhalt. Die Struktur ist klar. Im ersten Heft gibt es neben den Kolumnen, von denen eine davon der Typo­grafie gewidmet ist (diesmal Jana Madle-Elmerhaus in ihrem »Buch­druck­rausch«):
Foto­grafie: Wes Anderson und ein Beitrag über »queere« Foto­grafie, beide auf glän­zendem Bilder­druck­papier gedruckt;
Design & Research: zum Beispiel der Nach­hal­tigkeit und der Mitwirkung des Designers am Produkt selbst;
Production & Publishing: Unter anderem wird über einen unge­wöhn­lichen Geschäfts­bericht von Melitta berichtet;
Fokus Gründung und Showroom: (eher künst­lerisch ausge­richtet) kennt man aus der »novum«;
und ein umfang­reicher Teil widmet sich der 
Grafik + dem digitalen Museum (Zeichen­setzung & + stammen aus den ange­gebenen Rubriken). 

Klar, unsere Branche steckt in einem ziem­lichen Umbruch und ist viel­fältiger geworden. Aus diesem Grund wäre es sicher hilfreich, wenn dieses Magazin nicht nur über die Szene berichtet, sondern diese auch kritisch begleitet. 

Mit dem ersten Heft von 2022 würde ich – oder wir in der tgm – viel­leicht einen kritischen Rückblick auf das »Grafik­magazin« werfen, wozu jetzt ein Heft noch zu wenig wäre. Aber erst einmal viel Erfolg für die Initiative zu diesem Magazin und Gratu­lation zu dem sehr guten Beginn.

Grafik­magazin
erscheint alle zwei Monate
Chef­re­daktion Christiane Moosmann
Sonja Pham
Art Director Tobias Holzmann
104 Seiten
210 × 270 mm
Broschur
Phoenix Verlag für Grafik­design, München 2021
ISSN 2703–1071
www.grafik­magazin.de

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