Resonanz in St. Gallen


»Die Resonanz aus dem Gegenüber schafft einen Resonanzraum durch die Begegnungen in sehr freundlicher Atmosphäre«, wie es Clemens Theobert Schedler zu Beginn formuliert. Überhapt trägt Schedlers Moderation mit seinem wunderbaren absurden Humor viel dazu bei.
Machen, üben, staunen
Nina Stössinger beginnt ihre »Annäherung an Schrift« mit einem Rückblick auf ihren beruflichen Weg. Geduld und Beharrlichkeit sieht sie als Voraussetzung für den Weg des Schriftentwerfers. Die Kontrastart in der Schrift, hoch oder quer? Es entsteht eine Schrift »Nordvest«, die ganz ungewöhnlich das Gewicht an das Horizontale legt. Trotzdem ist die Lesbarkeit erstaunlich gut. »Einfach ist der Regelbruch«, meint Stössinger, »aber dann muss man die neuen Regeln aufstellen, das macht viel mehr Arbeit«.
Silja Götz lebt in Madrid und zeigt ihren Weg zur Illustration, »als die Illustration noch weg vom Fenster war«. Sie erzählt von den Schwierigkeiten der Freiberufler generell, betont, wie sehr es ihr darauf ankommt, Arbeiten nicht gratis zu machen, denn allein eine Veröffentlichung ist nicht genug. Gestalter sind Experten ihres Faches und etwas umsonst zu entwerfen, sieht sie zurecht als Beleidigung an. Ihr Vortrag ist eine amüsante Werkschau eigener Arbeiten.
Cordula Allesandri stellt ihr Atelier mit einem bizarren Film vor. Ihre Seminare über Erotik, Kochen oder Wein haben sie bekannt gemacht. Ihre unkonventionelle Vortragsart hat etwas »Wildes« an sich, wobei ihre Arbeiten sehr diszipliniert erscheinen. Zwischen leichtem Entsetzen und völliger Faszination sehe ich die bunte Welt von Fidel Peugeot. Von der Apotheken-Ausstattung bis zum Rapper-Plakat, vielfältig und recht farbig. Doch alles begründet und durchdacht! Und Peugeot überzeugt, weil er für seine Sache richtig »brennt«. Zum Schluß spielt er auch noch eine akustische(!) Gitarre.





Schlicht, aber raffiniert
»Klassisches Grafikdesign mit verführerischer Einfachheit« — das ist Programm. Peter Felder hebt das Handwerkliche, das wir aus der Vor-Computer-Zeit kennen, hervor und führt ein zwischen Print und Digital wechselndes Spiel vor. Schöne Logos — ziemlich streng schweizerisch — und zurückhaltende Typografien lassen Felders Arbeiten sehr sympathisch erscheinen.
Joost Hochuli stellt sein aktuelles Buch »Das Alphabet der guten Nachbarschaft« und betont die Rolle des Rheins als »Verbindungsglied« zwischen Vorarlberg und der Ostschweiz. Hochulis strenger Vortragsstil steht im Kontrast zu den anderen fröhlichen Bühnenperformances.
Mehr als nur Gestaltung
Sonja Knecht ist ein »Überraschungsgast«. Mit der Resonanz verbindet sie die typografische Visualisierung ihrer Texte. Laut vorgelesen, in Worte gefasste Stimmungen, prägnante Markenerklärungen sind poetisch und spannend.
Matthias Flückiger vom Ensemble des Theaters St. Gallen setzt auf eine ganz andere Resonanz. Mit großer rhetorischen Fertigkeit läßt er Buchstaben verschwinden. Erst einen und dann immer mehr. Bei fehlenden fünf Buchstaben wird der Text herrlich dadaistisch.
»Wir sehen uns unter dem Tisch«, so der russiche Trinkspruch. In ihrem Wodka-Vortrag erklärt Victoria Sarapina den Unterschied zwischen dem russischem »Brand« und Whysky. Es folgen unzählige Schnaps-Geschichten. Der Ursprung war natürlich (!) Medizin. Wir sehen Schriftbänder auf Trinkgefäßen aus dem 17. Jahrhundert, kuriose Illustrationen aus dem 19. Jahrhundert. Drucker »signierten« ihre Etiketten wie Maler ihre Werke. Ein Alkoholverbot führt zum Sturz des Zaren. Und nebenbei oder hauptsächlich das typografische Feuerwerk auf den Wodka-Flaschen.
Remo Caminada bringt das Auditorium zum Singen und zeigt Parallele zwischen der »Resonanz des Sehens« mit der des Klangs. Der Designer Caminada studiert zur Zeit Gesang und Komposition und, während das Publikum einen Ton anschlägt, bringt Caminada die Obertöne zum Schwingen — die wahre Resonanz. Zusammengefasst: die Tÿpo 2017 hat einen hohen branchenspezifischen Unterhaltungswert und ist auch begehrter Treffpunkt.



